Und was für eine Überraschung! Paolo Nutini steht zwar auf dem Cover - ich nehme die CD nochmals in die Hand, denn sie beginnt mit einem Ska – okay, ich verbessere mich – “10/10” ist ein vom “Rock Steady” (Pre-Version des späteren Reggae) beeinflusster Ska – ja Wahnsinn, was für ne geile Nummer! Der hat Mut, ich kann mich nicht erinnern, wann’s zuletzt mal einen Ska auf nem Pop-Album gab, der auch gleichzeitig nicht totpoliert wurde von irgendwelchen Prolet ... äh.... Produzenten. Wenn das ein internationaler Hit werden sollte, dann rollt die Ska- Welle aber wieder mal. Zeit dafür wäre es schon lange bei dem Potential, das dieses Musikgenre alleine in Deutschland hergibt.
Auch das ”Coming Up Easy” überrascht. Ich gucke immer noch ungläubig aufs Cover – Paolo Nutini – alter Schotte, dass is ja’n Ding. Toll gesungenes Stück - und wer genau zuhört, kann Elemente eines bestimmten Sam-Cooke-Songs ausmachen – zum Ende verstärken sich durch die Bläsersätze allerdings die R’n’B- Schübe a la Clarence Carter – Mann, hat dieser Sänger qualitativ zugelegt in den letzten Monaten, unglaublich, der macht ja jetzt schon langsam dem Rod Stewart in dessen jungen Jahren Konkurrenz. Sensationell. Bin gespannt, wie das hier weiter geht.
Ein Akkordeon startet den Song “Growing Up Beside You”, schön ruhig, balladesk, guter Chorgesang, erinnert so n bisschen an die Blind Boys of Alabama (oder noch besser an die Persuasions – was, kennt Ihr nicht, na dann wird’s aber Zeit: http://www.thepersuasions.net/cds.html ) – die Stimmung ähnelt auch etwas den Paul Simon-Balladen auf dessen 86er LP “Graceland” (damals mit dem afrikanischen Chor “Ladysmith Black Mambazo eingesungen) TOP-Song. Paolo, Paolo, Du “alter” Schlingel!
Akustische Gitarren starten den bekannten TOP-Hit „Candy“, er singt jetzt butterweich, ganz alleine mit der Gitarre und dann – beginnen Bass und Drums gleichzeitig und – rumms – Gänsehaut – es ist nicht mitten in der nacht, es ist heller Nachmittag, ich befinde mich im normalen Alltagsstress und habe nach einigen rockigen gehörten Platten nicht mit dieser wuchtigen Songfülle gerechnet. Paolo Nutini – Mein Hero der Woche, saustark! Der Song dürfte jedem gefallen, der die Smokie-Hymne „If You Don’t Know How to Love Me“ mochte – (Sorry Tony Christie, aber dieser Song hier ist sogar noch besser durch sein Arrangement mit schön sanft angedeuteteter Sologitarre und Pedalsteel, der dem Lied leichtes Country –Flavor einhaucht. Jo, Deejays! - super auch zum Fox tanzen!) Aber auch die weiteren Songs sind erste Sahne.
Gerade die Variationsfreudigkeit der 12 Lieder machen das Anhören zum Vergnügen. „Tricks Of The Trade“ ist eine überwiegend akustische Ballade, die in Richtung Bob Dylan geht, während im schnelleren “Pencil Full Of Lead” eine gedämpfte Trompete einen Ausflug ins Ragtime/Dixie-Genre unternimmt und Paolo Nutini folgt mit starker Performance - fehlt nur noch, dass er vor dem Solo “Maceo” brüllt, aber dafür war ja immer James Brown zuständig und Mr. Parker ist ja auch gar nicht mit von der Partie. Unbedingt erwähnenswert auch das poppig-folkige “High Hopes”, das - auch wegen dem bluegrassigen Moment - nach den alten Pop- A-Billy Hasen von “Mungo Jerry” klingt. Kontrabass, Pauken, Flöten unterstreichen die schottische Anden-Connection, in “Simple Things” wird sogar noch etwas Johnny Cash aus der Wundertüte gepackt und am Ende klingt die CD aus mit dem herrlichen “Keep Rolling”, einer warmen Ballade mit einfühlsamen Gesang.
|